10 Jahre bioladen*fair in Burkina Faso!

Die getrockneten bioladen*Mangostücke und bioladen*Cas-hewkerne stammen aus dem bioladen*fair-Projekt in Burkina Faso, welches mittlerweile sein 10-jähriges Jubiläum feiert. Die Erzeuger-Familien leben in der südwestlichen Region Cascades und sind Mitglieder der Kooperative.

2001 gründeten die Erzeuger im Dorf Bounouna bei Banfora eine Gemeinschaft, die wir seit 2011 unterstützen und wo rund 250 Frauen die bioladen*fair Mangos und bioladen*fair Cashews selbst verarbeiten. So werden zusätzliche Einnahmen erreicht bzw. die Abhängigkeit vom Weltmarkt reduziert. Durch die biologische Landwirtschaft wird zudem die Fruchtbarkeit der Böden erhalten. Während sich die Männer um den Anbau der Rohwaren kümmern, sind in den Verarbeitungsstätten zum größten Teil Frauen tätig, die durch dieses zusätzliche Einkommen ihre Familien mitversorgen können. Durch den Kauf der getrockneten bioladen*fair Mangos und Cashews unterstützt ihr diese Frauenkooperative zusätzlich mit 5-10 Cent pro Verpackung oder Glas. Das Geld fließt in ausgewählte soziale Projekte vor Ort. Vielen Dank für eure Unterstützung!

Lest jetzt das Interview mit Peter Meyer anlässlich seines Besuches in Burkina Faso zum 10-jährigen Jubiläum unseres bioladen*fair Projekts.

Über 10 Jahre bioladen*fair in Burkina Faso

Ein Interview mit Projekt-Pate Dr. Peter Meyer

2021 feiert die Marke bioladen* 10 Jahre bioladen*fair in Burkina Faso. Wir blicken dabei auf eine schöne Entwick-lung sowie berührende Momente zurück. Das Projekt wird aus dem Verkauf der bioladen*fair-Produkte gefördert. So konnten wir mittlerweile eine Summe von 118.916,10 Euro in das Land zurückfließen lassen.

Zum wiederholten Male in den letzten zehn Jahren besucht Dr. Peter Meyer, Geschüftsführer des Biogroßhandels Weiling, das Projekt an diesem Tag im Oktober (Weiling ist Initiatior und Inhaber der Marke bioladen*). Wir haben ihn zu seiner Reise, zu den Entwicklungen des Projekts und den Menschen vor Ort interviewt. Am Ende steht die Erkenntnis: Jede Mühe, die wir dort investieren, ist es wert.

Peter, zunächst wie war die Reise, wie können wir uns das Land vorstellen?

Dr. Peter Meyer: Wir sind von Istanbul in die Hauptstadt Ouagadougou geflogen und dort mitten in der Nacht angekommen. In Ouagadougou haben wir in einer Lodge mit großem Tor und Eisenschlössern übernachtet. Am nächsten Tag sind wir dann gut sieben Stunden mit einem öffentli-chen Bus oder Coaches in die zweitgrößte Stadt nach Bobo-Dioulasso gefahren. Von dort wurden wir von der Kooperati-ve abgeholt und brauchten dann bis Banfora nochmal eine Stunde. Die Straße von Ouagadougou nach Banfora ist eine der wenigen, die geteert ist. Entlang der Straße sind viele kleine Dörfer, die durch drei Bodenwellen gekennzeichnet sind – davor, mitten drin und dahinter – dann ist man schon wieder raus aus dem Dorf.

Dr. Peter Meyer: In Banfora waren wir dann in einem kleinen Hotel mit guter Küche und gutem Koch untergebracht; ganz einfacher Standard, ähnlich wie bei uns auf dem Land in den 60er Jahren, nicht renoviert. Für Burkina Faso ist das mehr als Standard. Am Ende der Reise waren wir insgesamt gut 36 Stunden mit zwei Stunden Zeitverschiebung unterwegs. Morgens um 7 Uhr aus dem Haus, mit dem Flieger nach Istanbul und am nächsten Abend 19 Uhr angekommen.

Eine lange Reise. – Und wie waren dann die ersten Begegnungen vor Ort? Was hast du erlebt?

Dr. Peter Meyer: Ich habe auf meiner Reise vier von fünf „Units“ (Produktionsstätten) der Kooperative GSBE in Burkina Faso besucht. Dort verarbeiten 1.289 Frauen unter anderem auch unsere bioladen*fair-Produkte. Insgesamt werden in den fünf Produktionsstätten getrocknete Mangos, Cashews, Erdnüsse, Ingwer und Hibiskus verarbeitet. Dabei ist jede Unit auf ein oder mehrere Produkte spezialisiert. Die Ware selbst erhält die Kooperative von den angeschlossenen Bauern. Die fertigen Produkte gehen dann in die Zentrale, wo die Qualitäts- und Endkontrolle erfolgt sowie die Frachtpapiere angefertigt werden.

Überall wurden wir sehr herzlich empfangen, zugleich wurde jeweils gemeinsam mit allen Frauen eine Mitarbeiterinnenversammlung veranstaltet. Diese Versammlungen haben wir genutzt, um Erfahrungen auszutauschen und Bilanz zu ziehen.

Denn in den vergangenen zehn Jahren hat sich das Projekt sehr gut entwickelt; die exportfähige Menge konnten wir von jährlich 60 Tonnen auf 1.000 Tonnen steigern und den Frauen so ein besseres Auskommen ermöglichen. Eine Entwicklung, über die sich alle freuen.

Das ist beeindruckend und eine tolle Leistung, die sicher durch viele Menschen möglich gemacht wurde, wie zum Beispiel unserem Importeur und Projektpartner BioVisio oder auch den Menschen hinter bioladen*. Wie geht es weiter, was sind Eure Pläne? Gibt es Wünsche aus der Kooperative?

Dr. Peter Meyer: Das ist richtig. So etwas kann sich nur in einer gemeinschaftlichen Leistung entwickeln. Und dennoch sind wir nicht ganz zufrieden. Denn trotz dieser Mengenausweitung, hat es bisher nicht geklappt, alle Mitarbeiterinnen ganzjährig zu beschäftigen. Die meisten Frauen gelten aktuell als Saisonarbeiterinnen, sie erhalten also keine Mikrokredite und keine gesicherte Rente. Beeindruckend dabei ist, wie solidarisch Einkommen und Arbeit unter den Frauen vor Ort verteilt wird. Daher ist es unser größter Wunsch und unser Ziel noch mehr Ware abzunehmen, damit sie kreditwürdig sind, Mikrokredite von der Bank bekommen können und Zugang zum Rentensystem erhalten.

Dinge, die für uns selbstverständlich sind …

Dr. Peter Meyer: Genau. In einer Unit, 25 km entfernt von Banfora, äußerten die Menschen den Wunsch, dass ihnen ein einfacher alter Krankenwagen sehr helfen würde. Denn dann müssen sie nicht jemanden, der ins Krankenhaus muss, mit dem Motorrad transportieren. Das Krankenhaus ist in Banfora.

Das waren sicher berührende Momente. Wenn du jetzt mal auf die Anfänge schaust, was hat sich zu damals verändert? Welchen Nutzen haben die Menschen vor Ort durch unser bioladen*fair-Projekt? Vielleicht kannst du das am Beispiel der Cashewkerne erläutern. Denn viele Kunden haben keine Vorstellung davon wie viel Handarbeit das ist. Cashews sind ja empfindlich und brechen leicht. Der Verbraucher möchte unversehrte Ware, die auch am meisten Geld für die Kooperative bringt. Also ist das Ziel möglichst viele ganze Kerne zu produzieren. Da ist bislang immer noch im wahrsten Sinne des Wortes viel Fingerspitzengefühl gefragt. Hat sich hier etwas getan?

Dr. Peter Meyer: Man muss sich zunächst einmal vorstellen, dass das Knacken von Hand extrem aufwendig ist. Um Cashewkerne für eine 200-g-Packung zu knacken, benötigt eine Arbeiterin durchschnittlich 1,5 Stunden. Zunächst werden die Cashews vor dem Knacken mit Wasserdampf erhitzt. Dadurch wird das ätzende Öl Cardol neutralisiert, das sonst zu Hautverletzungen oder Lungenschäden führt. Erst dann werden sie von Hand geknackt.

Dafür gibt es eigentlich mittlerweile Maschinen, die das Anknacken der Kerne mechanisieren. Diese würde die Durchsatzmöglichkeit, die sie mit ihren Arbeitsstunden leisten können, deutlich erhöhen. Nur können sie diese nicht in Betrieb nehmen, weil so häufig der Strom ausfällt. In den letzten Jahren haben wir in Photovoltaik-Anlagen investiert. Seitdem haben sie wenigstens Licht an ihren Arbeitsplätzen und sind unabhängiger von den Stromausfällen. Um ihre Entwicklungsmöglichkeit nun weiter zu stärken, müssen wir das Thema Photovoltaik ausbauen, um wirklich energieautark zu werden.

Außerdem brauchen sie für den Prozess mit dem Wasserdampf momentan Gas, genauso wie für die Trocknung der Mangos. Es gibt aber in Burkina Faso kein Gas. Dieses Gas kaufen sie also derzeit in Gasflaschen zu, die Burkina Faso selbst im Ausland zukauft. Das wiederum kostet sie enorm viel Geld. Geld, das einen Teil ihres Ertrages darstellt und den sie schon wieder außer Landes ausgeben müssen, um in ihrem Land Geld verdienen zu können. Derzeit laufen Versuche ein brennbares Gas aus Nussschalen zu gewinnen, mit Hilfe der sogenannten thermochemischen Vergasung. Dieser Prozess würde den Import der Gasflaschen überflüssig machen und zur Energieunabhängigkeit beitragen; gleichzeitig würde sich dies positiv auf die Klimabilanz auswirken. Denn: Nussschalen gibt es reichlich.

Wie gehen Burkinabè (so heißen die Einwohner Burkina Fasos) mit dieser Lebenssituation um? Was macht die Menschen aus, was macht das Land aus?

Dr. Peter Meyer: Burkina Faso liegt angrenzend zu Mali, wo die Al-Qaida und Boko Haram wüten und immer mal wieder in den nördlichen Grenzbereich von Burkina Faso einfallen. Wir befinden uns außerdem im drittärmsten Land der Welt. Und dort in Banfora wurden Flüchtlingsfamilien aufgenommen, die vor der Boko Haram geflohen sind. Die Kooperative hat den Flüchtlingskindern zum Schulanfang Bücher und Kinderspielzeug und den Familien Reis geschenkt. Das beeindruckt mich, man hat nichts und das teilt man noch. Die Spende haben wir übernommen. Auffallend in dem Zusammenhang ist, dass die Frauen stolze, sehr selbstbewusste, gradlinige Frauen sind. Man könnte auch würdevoll sagen. Sie klagen nicht, sie bitten nicht und wollen nichts geschenkt haben. Sie nehmen ihr Schicksal in die Hand und fordern noch mehr Arbeit ein: „Sagt uns, was wir anbauen sollen und wir tun es.“

Wie geht’s nun weiter? Was sind die nächsten Ziele?

Dr. Peter Meyer: Unser Ziel ist es, dass wir die Kontinuität weiter aufrecht halten können, ihnen noch mehr Möglichkeiten zur Ausweitung der Produktivität geben und eine noch intensivere, partnerschaftliche Zusammenarbeit bieten. Wir möchten dabei so gut es geht kulturelle Brücken bauen und unseren Partnerinnen, der Frauenkooperative, Beständigkeit vermitteln – in guten und in schlechten Zei-ten.

Wir möchten die klassische Produzenten-Lieferanten-Beziehung auflösen hin zu einer langfristigen Partnerschaft. Es ist ein langer Prozess, der Vertrauen bedarf.

Ein schönes Ziel. Bevor wir nun zum Schluss kommen: Was nimmst du von der Reise mit?

Dr. Peter Meyer: Es fühlt sich einfach gut und richtig an, diese Produkte zu verkaufen. Jede Minute, die ich selber investieren kann, dass diese Produkte ihren Markt finden, geben mir das Gefühl, das Richtige zu tun. Auch wenn nicht immer alles glatt läuft, ist es völlig indiskutabel für das Unternehmen Weiling und mich, aus diesem Land wegzugehen und irgendwo etwas billiger einzukaufen.

Ich habe persönlich das Gefühl, wenn wir diesen Weg mit BioVisio weitergehen, ist das wirklich im besten Sinne des ökologischen Landbaues, der auch immer ein Stück soziale, kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung ermöglicht. Wir arbeiten dort an der richtigen Stelle mit den richtigen Menschen zusammen. Jede Mühe, die wir dort investieren, ist es wert.

Vielen Dank für das Gespräch!